Herztransplantation

Herztransplantation bei ARVC / ACM

Gottseidank müssen sich nur wenige ARVC-PatientInnen mit einer Herztransplantation beschäftigen, denn ein schwerer Verlauf, der eine Transplantation notwendig macht, ist selten.
Ein solch schwerer Verlauf liegt vor, wenn entweder die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) so weit fortgeschritten ist, dass die Gefahr eines Pumpversagens droht oder aber die Herzrhythmusstörungen durch Medikamente und/oder Katheterablation nicht mehr beherrschbar sind bzw. wiederholte Schockabgaben des ICD trotz maximal ausgereizter Therapieoptionen erfolgen.

Ist das der Fall, löst die Auseinandersetzung mit dem Thema Transplantation zunächst einmal große Ängste und Verunsicherung aus. Es gibt dazu kompetente Ansprechpartner, die viele drängende Fragen beantworten können (s.u.). Auch kann es sinnvoll sein, sich psychologische Unterstützung zu suchen. Informieren Sie sich zu psychokardiologischen Themen auch gerne auf unseren Seiten zum psychischen Umgang mit der Erkrankung und zur Psychokardiologie.


Begriffe

Mediziner kürzen eine Herztransplantation gerne mit HTx ab.
Eine HU-Listung ist die Einstufung eines Patienten in die Kategorie “high urgency”, also hohe Dringlichkeit bzw. Priorität.
Die T-Listung (T für transplantabel) steht für eine weniger hohe Dringlichkeit.

Im Falle einer Herztransplantation hat man – anders als z.B. bei Nierentransplantationen – eine optimale Chance auf ein neues Organ nur im HU-Status. Ausnahmen bestätigen die Regel: eins unserer Mitglieder ist bereits kurze Zeit nach der T-Listung zuhause angerufen und noch am gleichen Tag erfolgreich transplantiert worden.


Voraussetzungen für die Transplantation

– Alter unter 65 Jahre
– außer ARVC gesund, insbesondere keine sonstigen Herz-/Gefäßerkrankungen (wie pulmonale Hypertonie oder schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit), Tumorleiden oder andere schwerwiegende Erkrankungen
– Keine irreversible Niereninsuffizienz
– kein Missbrauch von Alkohol oder Drogen
– Nichtraucher (auch keine E-Zigaretten)
– Vorhandensein eines unterstützenden Umfelds zur Gewährleistung einer optimalen Heilungsphase nach der HTx
– Body-Mass-Index sollte <35 kg/m² sein
– Verträglichkeit der Blutgruppen von Spender und Empfänger
– Übereinstimmung von Größe und Gewicht von Spender und Empfänger (+/- 15 %)
– es sollte keine aktive Infektion vorliegen
– Dringlichkeitsstatus (T-Listung/HU-Listung, s.o.)
– Wartezeit seit Listung in der jeweiligen Kategorie


Notwendige Untersuchungen

– Echokardiographie (Herzultraschall)
– PET-CT zum Ausschluss von Tumoren
– Lungenfunktionsprüfung, Spiroergometrie
– Blutuntersuchungen zum Ausschluss von Tumoren und chronischen Infektionen
– Rechtsherzkatheter mit Lungendruckmessung zum Ausschluss einer pulmonalen Hypertonie (sonst keine HTx)

Die Untersuchungen müssen zum Teil regelmäßig wiederholt werden, um den Anspruch auf Listung weiter aufrecht zu erhalten.


Listung in der Kategorie HU („high urgency“)

Besteht akute Lebensgefahr oder keinerlei Aussicht auf Besserung des Zustands des Herzens, können PatientInnen als hochdringlich eingestuft werden. Hierfür müssen sehr strenge Kriterien erfüllt sein. PatientInnen mit HU-Status müssen die gesamte Wartezeit auf das Herz auf jeden Fall im Krankenhaus verbringen, und zwar auf einer Intensivstation, einer Intermediate-Care-Station oder in einem Heart-Failure-Unit.
Der Antrag auf HU-Listung erfolgt durch den Arzt/die Ärztin bei Eurotransplant in Leiden (NL). Eine erste Listung wird nach Abschluss aller Untersuchung und der Begutachtung durch eine Kommission erst einmal nur für 4 Wochen gewährt.
Bei Ablehnung besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
Eine erneute Listung wird für weitere 8 Wochen gewährt, wenn die Voraussetzungen dafür immer noch gegeben sind. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Antrag alle 8 Wochen wieder und wieder gestellt werden, bis ein Organ zur Verfügung steht.


Warten auf das Herz

Das Warten auf ein Organ ist eine Zeit, in denen die PatientInnen extremen psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Es zerrt an den Nerven, nicht genau zu wissen, wann und ob ein neues Herz kommt, ob man bis dahin überlebt, ob die Kriterien für eine (HU-)Listung noch gegeben sind und der nächste Antrag bewilligt wird…
Wegen des Dringlichkeitsstatus sind Freigänge höstens auf dem Krankenhausgelände und in der Regel nur unter ärztlicher Aufsicht (und deswegen extrem selten) möglich. Eine Auszeit zuhause würde bedeuten, dass man wieder von der Liste gestrichen wird mit dem Argument, dass die Dringlichkeit dann nicht so hoch sein kann. Diese Isolierung ist für die PatientInnen extrem belastend.
Selbsthilfegruppen (s.u.) stehen den Patienten und Patientinnen vor und nach der Transplantation zur Seite.


Informationen zur Herztransplantation

Für jedes gemeldete Spenderorgan wird bei Eurotransplant anhand der vorliegenden Patientendaten die in Frage kommenden Empfänger ermittelt. Spender und Empfänger müssen die gleiche Blutgruppe besitzen. Zusätzlich sollten Größe und/oder Gewicht von Empfänger und Spender einigermaßen übereinstimmen. Abweichungen zwischen 10 und 20 Prozent sind im Einzelfall akzeptabel. Dies hängt von verschiedenen medizinischen Gesichtspunkten ab (Dringlichkeit der Transplantation, Höhe des Lungengefäßwiderstandes, Voroperationen). Die Ärzte der beiden Transplantationsteams entscheiden, wenn Spender- und Empfängerorgan optimal zusammenpassen.

Das mit Abstand größte Transplantationszentrum Deutschlands ist in Bad Oeynhausen, wo jährlich ungefähr ein Viertel aller Herzen in Deutschland transplantiert werden. In weiteren 6 Zentren werden mindestens 20, in 3 weiteren mindestens 10 Herzen im Jahr transplantiert.
Ab 2026 werden nur noch Zentren herztransplantieren dürfen, die mindestens 10 HTx durchführen, damit würden 8 der Zentren, die in 2022 noch transplantiert haben, wegfallen (s. Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA).
Mehr zu den Statistiken einzelner Zentren und Informationen rund um die Organspende finden Sie auf der Seite der Deutschen Stiftung Organtransplantation DSO, z.B. die Jahresberichte der DSO und die Berichte der Transplantationszentren.


Selbsthilfegruppen

Regionalgruppen und persönliche Ansprechpartner in ganz Deutschland finden Sie beim BDO – Bundesverband der Organtransplantierten e.V..

Persönliche Erfahrungen aus unserer Gruppe bestehen für die Selbsthilfegruppe in Nordrhein-Westfalen Selbsthilfe Organtransplantierter NRW e.V.. Der Verein berät PatientInnen vor und nach Organtransplantation.

Der Verein transplantiert e.V. mit Sitz in Berlin ist ebenfalls für Transplantierte da.


Prognose

Die gute Nachricht ist: es müssen nur wenige ACM-PatientInnen transplantiert werden. Da sie weniger Begleiterkrankungen haben und im Schnitt jünger sind als andere Transplantierte, haben sie deutlich geringere Komplikationsraten und bessere Überlebenschancen als viele andere Herztransplantierte.


Kontakt

Bei Bedarf können wir Kontakt zu einem bereits transplantierten ARVC-Patienten herstellen, der Ihnen von seinen individuellen Erfahrungen berichten kann, wenn bei Ihnen eine Herztransplantation im Raum steht oder wenn Sie ein/e herztransplantierter ARVC-Patient/in sind und sich mit jemandem austauschen wollen, der Ähnliches durchgemacht hat wie Sie.
Voraussetzung für die Möglichkeit der Kontaktaufnahme ist aus Datenschutzgründen die Aufnahme in unseren Mailverteiler.
Für die Kontaktaufnahme selbst schreiben Sie eine E-Mail an htx@arvc-selbsthilfe.org oder rufen Sie die Telefonnummer +49 176 35751848 an (nach 16 Uhr).


Entscheidungs- versus Widerspruchslösung

Da wir es für ethisch zumutbar halten, dass sich jede volljährige Person mindestens einmal im Leben mit dem Thema „Organspende“ auseinandersetzt, unterstützt der ARVC-Selbsthilfe e.V. Initiativen hin zur sogenannten Widerspruchslösung. Wir halten diese für den gegenüber der bestehenden Gesetzeslage geeigneteren Weg, um die nachweislich bestehende hohe Spendenbereitschaft der Bevölkerung in einen konkreten Anstieg der Spenderorgane umzusetzen.
Mehr Informationen hier.


Quellenangaben

Heart transplantation outcomes in arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy: a contemporary national analysis
Giuliano K., Scheel P. III, Etchillin E. et al. in: ESC Heart Failure, Volume9, Issue2, April 2022, Pages 988-997
https://doi.org/10.1002/ehf2.13687

2019 HRS expert consensus statement on evaluation, risk stratification, and management of arrhythmogenic cardiomyopathy
Towbin J.A., McKenna, W.J., Abrams, D.J. et al. in: Heart Rhythm Volume 16, ISSUE 11, e301-e372, November 01, 2019
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2019.05.007

Zuletzt revidiert 09.12.2023