Magnetresonanztomographie (MRT)
Das MRT als bildgebendes Verfahren ist ein wichtiger Baustein in der Diagnose einer ARVC / ACM. Bestimmte Veränderungen im MRT zählen zu den Haupt- und Nebenkriterien bei der Diagnosestellung.
Synonyme
– Kernspintomograhie (kurz: “Kernspin”)
– MRI (Magnetic Resonance Imaging, engl.)
– NMR (Nuclear Magnetic Resonance, engl.) – eigentlich der physikalische Effekt, auf dem die Funktionsweise des MRT beruht; wird aber auch als Synonym für die Untersuchung selbst verwendet
Untersuchungsvorgang
Zunächst wird man gebeten, in einer verschließbaren Umkleidekabine Oberbekleidung, Schuhe sowie alle Gegenstände aus Metall (z.B. Schmuck, Ehering, Gürtel, Brille, Hörgeräte, Haarspangen), abzulegen. Auch Handys, Münzen und Scheckkarten müssen dort zurückgelassen werden.
Im Untersuchungsraum wird man bequem auf dem Untersuchungstisch des MRT-Geräts gelagert. Wegen der späteren Kontrastmittelgabe wird ein intravenöser Zugang (eine Nadel in eine Vene der Hand oder des Arms) gelegt. Zur Überwachung in der MRT-Röhre wird meist ein EKG angelegt, und man erhält wegen der lauten Geräusche einen Kopfhörer. Über eine Audioanlage ist man mit dem Untersuchenden verbunden und kann mit ihm jederzeit kommunizieren. Der Innendurchmesser des MRT-Geräts ist sehr geräumig. so dass die Untersuchung sogar bei Platzangst (Klaustrophobie) in der Regel gut möglich ist. In manchen Kliniken oder Praxen besteht die Möglichkeit, während der Untersuchung mit Hilfe einer Spiegelbrille zur Entspannung Bilder zu betrachten.
Die Untersuchung selbst dauert in Abhängigkeit von der Fragestellung mindestens 40-50 Minuten, manchmal auch eine Stunde. Während dieser Zeit bekommt man immer wieder Anweisungen zum Luftanhalten und Weiteratmen, damit die Bildqualität nicht durch die Atembewegungen des Brustkorbs gestört wird. Sauerstoffgabe und Notfallversorgung ist zu jedem Zeitpunkt gewährleistet, unter anderem durch eine Notfallklingel, die man jederzeit drücken kann.
Da ein Kardio-MRT, bei der eine ARVC diagnostiziert oder ausgeschlossen werden soll, eine sehr ausführliche Begutachtung benötigt, bekommt man den Befund des MRT in der Regel erst später schriftlich oder in einem späteren Arztgespräch mitgeteilt und nicht sofort in die Hand.
Technik
Im Gegensatz zum Computertomographen arbeitet das MRT mit Magneten und nicht mit ionisierenden Strahlen, so dass keinerlei Strahlenbelastung des Körpers durch das MRT erfolgt.
Bei ARVC / ACM erfolgt das MRT in der Regel mit Kontrastmittelgabe, da nur damit eine genaue Beurteilung der Struktur des Herzmuskels erfolgen kann. Das Kontrastmittel reichert sich in bestimmten Strukturen des Herzmuskels an und macht dadurch entzündliche Prozesse und Narben frühzeitig sichtbar, oft noch bevor es Veränderungen in Echokardiographie (Herzultraschall) oder im EKG gibt. Durch geeignete Sequenzen werden Areale unterschiedlich dargestellt: nichtanreichernde Areale erscheinen schwarz, anreichernde Areale weiß.
Wann wird ein MRT empfohlen?
Laut dem Expertenkonsensuspapier zur arrhythmogenen Kardiomyopathie von 2019 ist das MRT mittlerweile der Goldstandard in der bildgebenden Diagnose von ARVC / ACM.
Auch die Leitlinie der European Society of Cardiology von 2022 empfiehlt bei dem Verdacht auf ARVC/ACM mit der höchsten Empfehlungsstufe, ein MRT durchzuführen.
Welche Veränderungen sieht man im MRT von ARVC-PatientInnen?
Dyskinesie der Herzwand
Regionale oder globale Wandbewegungsstörungen (engl. WMA = wall motion abnormalities), daraus resultierender Verlust der Kontraktionskraft
Akinesie der Herzwand
Bewegungsunfähigkeit der Wand, Wandstarre
Wandverdünnung
Im Gegensatz zur hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) nicht verdickte, sondern ausgedünnte Herzwand
Aneurysma/Aneurysmen
Aussackung/-en der Herzwand (meist ausgedünnte sackförmige Ausstülpung/-en der Wand)
Dilatation der Ventrikel
Vergrößerung der rechten und/oder linken Herzkammer
Reduzierte Ejektionsfraktion der Ventrikel
verminderte Auswurfleistung der Herzkammern rechts
– rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion RVEF und/oder
– linksventrikuläre Ejektionsfraktion LVEF
Subepikardiales late gadolinium enhancement (LGE)
Verzögerte (late) Signalanhebung (Enhancement) erst 10-15 min. nach Gabe des Kontrastmittels (Gadolinium). Das LGE findet sich bei ARVC-PatientInnen meist epikardial oder mittmyokardial inferolateral im linken Ventrikel, das heißt an der Außenschicht bzw. der mittleren Schicht der Herzmuskulatur der unteren seitlichen linken Herzkammer.
Das LGE kann das erste Zeichen einer beginnenden ACM sein und ist deshalb in der Frühdiagnose und Überwachung von Mutationsträgern besonders wichtig. Es spielt eine besondere Rolle bei der Diagnose und Überwachung bestimmter Formen (z.B. linksbetonte bzw. beidseitige Formen) oder Mutationen (z.B. Mutation in DSP, PLN u.a.) bei ACM, auch wenn das in den Diagnosekriterien von 2010 noch nicht berücksichtigt ist. Das Vorhandensein und Ausmaß von LGE ist ein Marker für Narben im Herzmuskel. Da diese zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen können, kann das LGE sozusagen als Frühwarnfaktor dienen.
Ein LGE ist allerdings nicht spezifisch für ACM. Durch das Kontrastmittel werden Ödeme (Wasseranreicherungen außerhalb der Zellen) und geschädigte Bereiche des Herzmuskels (in denen das Kontrastmittel durch defekte Membrane auch ins Innere der Zellen gelangt) abgebildet. Deshalb kann ein LGE auch bei Myokarditis (Herzmuskelentzündung), anderen Kardiomyopathien (z.B. dilatative Kardiomyopathie DCM, linksventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie LVNC) oder Systemerkrankungen wie Sarkoidose oder Amyloidose auftreten. Manchmal sind deshalb noch andere Untersuchungen notwendig, um alternative Diagnosen auszuschließen.
MRT als Diagnosekriterium
Major Kriterium (Hauptkriterium)
Regionale RV-Akinesie oder -Dyskinesie oder dyssynchrone RV-Kontraktion
und eines der beiden folgenden Kriterien (enddiastolisch gemessen)
– Verhältnis enddiastolisches RV-Volumen/KOF ≥ 110ml/m² (Männer), ≥ 100 ml/m² (Frauen)
– oder RVEF ≤ 40%
Minor Kriterium (Nebenkriterium)
Regionale RV-Akinesie oder -Dyskinesie oder dyssynchrone RV-Kontraktion
und eines der beiden folgenden Kriterien (enddiastolisch gemessen)
– Verhältnis enddiastolisches RV-Volumen/KOF ≥ 100 bis < 110 ml/m² (Männer), ≥ 90 bis < 100 ml/m² (Frauen)
– oder RVEF > 40 bis ≤ 45%
Eine alleinige Akinesie oder Dyskinesie der Wand (Wandbewegungsstörung, Wandstarre) reicht NICHT für ein Haupt- oder Nebenkriterium aus, wenn die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion (RVEF, Auswurfleistung der rechten Herzkammer) über 45% liegt oder das Verhältnis von enddiatolischem RV-Volumen (das Volumen der rechten Herzkammer am Ende der Diastole bzw. Erschlaffungsphase) zur Körperoberfläche < 100 ml/m² bei Männern und < 90 ml/m² bei Frauen beträgt und somit nicht erhöht ist. Die Körperoberfläche (engl. BSA = body surface area) wird dabei mithilfe bestimmter Formeln berechnet aus Gewicht, Größe und Alter.
Bildgebende Kriterien können theoretisch auch mithilfe einer Echokardiographie (Ultraschall vom Herz) erhoben werden. Vorteil des MRTs ist aber, dass die Volumenverhältnisse und die Ejektionsfraktion viel akkurater berechnet und die erhobenen Befunde auch im Nachhinein noch beurteilt werden können. Außerdem ist der rechte Ventrikel im Ultraschall weniger gut beurteilbar als im MRT, da er teilweise hinter dem linken Ventrikel liegt.
MRT bei Kindern
Wann man bei Kindern, die Träger einer ACM-Mutation sind, das erste MRT macht, wird unterschiedlich gehandhabt. Abhängig ist das unter anderem davon, wie ausgeprägt die Erkrankung bei Familienangehörigen verläuft und ob EKG- und Ultraschalluntersuchungen normal sind. In Deutschland wird das selten vor dem 8.-10. Lebensjahr begonnen.
In anderen Ländern, z.B. den USA gibt es Dummy-MRTs, in denen Kinder spielerisch ab dem 4. Lebensjahr von ausgebildeten nurses an die Untersuchung herangeführt werden. Dort wird ein MRT bereits ab dem 5.-6. Lebensjahr ohne Narkose durchgeführt.
Leider ist das in Deutschland nicht unbedingt üblich. Hierzulande wird ein Kinder-MRT meist entweder in Narkose durchgeführt oder erst ab dem 8.-10. Lebensjahr, wenn die Kinder nicht zu ängstlich sind.
Erfreulicherweise gibt es aber auch hier einige Kliniken, die innovative Konzepte für Kinder entwickeln, z.B. der Pingonauten-Trainer, eine Virtual Reality App zur spielerischen Vorbereitung von Kindern auf das MRT, die von Radiologen und Kinderärzten der Universitätsmedizin Essen, der Universität Duisberg Essen und den Kliniken Köln entwickelt wurde.
Auf YouTube gibt es MRT-Beiträge, mithilfe derer man die Kinder auf die Geräuschkulisse im Gerät vorbereiten kann, zum Beispiel hier. Außerdem gibt es Videos, in denen Kinder erklären, was beim MRT passiert, zum Beispiel im YouTube-Video des Deutschen Herzzentrums München.
MRT in Schwangerschaft und Stillzeit
Es gibt keine Hinweise, dass MRT mit Kontrastmittel einen schädlichen Einfluss auf den Fetus haben. Trotzdem sollte ein MRT in der Schwangerschaft nur durchgeführt werden, wenn es einen wichtigen Grund dafür gibt. Einem CT oder anderen bildgebenden Verfahren, die ionisierende Strahlen verwenden, ist ein MRT bei strenger Indikationsstellung aber in jedem Fall vorzuziehen.
Wegen der Kontrastmittelgabe wird stillenden Müttern eine Stillpause von 24 Stunden empfohlen. Für diese Zeit sollte abgepumpte Milch vorab bereitgestellt werden.
Quellen
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Letzte Aktualisierung: 13.05.2023