Was passiert im Herzmuskel?

Definition von ARVC / ACM

ARVC (arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie), auch ACM (arrhythmogene Kardiomyopathie) wird definiert als Herzmuskelerkrankung mit Herzrhythmusstörungen, die nicht erklärt werden kann durch eine
– Ischämische Herzerkrankung (Durchblutungsstörung, Angina pectoris, Herzinfarkt)
– Hypertensive Herzerkrankung (Bluthochdruck)
– Valvuläre Herzerkrankung (Herzklappenerkrankung)

Häufig verwendete Begriffe
– Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie: ARVC, ARVCM
– Arrhythmogene ventrikuläre Kardiomyopathie: AVC
– Arrhythmogene Kardiomyopathie: AC, ACM
– Arrhythmogene linksventrikuläre Kardiomyopathie: ALVC
– Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie: ARVD (veralteter Begriff)

Erklärung des Begriffs-Wirrwarrs
Das C steht in allen Abkürzungen für das englische “Cardiomyopathy“. Als die Erkrankung in den 1980er-Jahren entdeckt wurde, dachte man, die Herzmuskelzellen seien von Geburt an defekt angelegt, was zu der Bennenung “Dysplasie” (abgekürzt D, Fehlanlage des Herzmuskels) führte. Später wurde klar, dass sich die Krankheit erst im Laufe des Lebens entwickelt, was zur Umbenennung in “K(C)ardiomyopathie führte – das heißt Erkrankung des Herzmuskels. Mittlerweile ist bekannt, dass der Befall der rechten Herzkammer (ARVC) zwar die typische Form ist, aber auch die linke Herzkammer (ALVC) oder beide, die rechte und die linke gleichzeitig, betroffen sein können. Da die linksbetonten Formen oft nicht als solche erkannt wurden, setzt sich immer mehr die Nomenklatur ohne das R durch (AVC). Da auch die Vorhöfe betroffen sein können, wurde vielerorts auch das V für ventrikulär (die Herzkammer betreffend) aus dem Namen gestrichen. Der Name “Arrhythmogene Kardiomyopathie” wird sich also wahrscheinlich durchsetzen, ob er mit AC oder ACM abgekürzt wird, ist Geschmackssache und noch nicht offiziell festgelegt.

Häufigkeit
Die geschätzte Häufigkeit der Erkrankung liegt bei 1:2000 bis 1:5000

Was passiert im Herzmuskel?

Im normalen Herz werden die Muskelzellen durch Proteine (Eiweißverbindungen) zusammengehalten. Bei ARVC-Patienten sind die Proteine anders entwickelt und können die Muskelzellen nicht mehr richtig zusammenhalten.  Die Verbindungen zwischen den Muskelzellen lockern sich. Das passiert vor allem, wenn das Herz unter verstärkter mechanischer Beanspruchung steht, insbesondere bei starker körperlicher Belastung wie z.B. ausgeprägten sportlichen Aktivitäten. Auch können die Herzmuskelzellen beschädigt werden oder absterben; sie werden dann in Bindegewebe umgewandelt und bilden Narben. Um das beschädigte Gewebe zu reparieren, bildet sich Fett.

Schlipp et al., 2014, Cardiovasc Res 104(2):245

Wegen der in Bindegewebe und Fett umgewandelten Zellen verliert das Herz an Pumpleistung, es wird schwächer. Sitzen die Defekte zudem an für die elektrische Erregungsleitung des Herzens zuständigen Stellen, kann es zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod kommen, da die Erregungsleitung verändert oder unterbrochen ist.

Der Ort, wo die ersten Veränderungen im Herz auftreten, ist laut älteren Beschreibungen das sogenannte Dreieck der Dysplasie (der rechtsventrikulärer Ausflusstrakt, die Gegend unterhalb der Trikuspidalklappe und die seitliche Herzspitze der rechten Herzkammer). Inzwischen geht man davon aus, dass die ersten Herde basisnah, klappennah und in der Nähe des rechtsventrikulären Ausflusstrakts sitzen und weniger an der Herzspitze.


Wir verweisen an dieser Stelle auch auf eine Kurzpräsentation von Prof. Dr. Jens Waschke (Lehrstuhl Anatomie I – vegetative Anatomie, LMU München), die in der Anatomie-Vorlesung im 1. Semester des Medizinstudiums an der LMU München verwendet wird. Wir dürfen freundlicherweise an dieser Stelle einige Auszüge zum Thema “Zell‐Zelladhäsion im Herzmuskel anhand der Arrhythmogenen Kardiomyopathie (AC)” veröffentlichen.

> Kurzpräsentation (PDF)

Letzte Revision: 28.07.2022