Allgemeines Verhalten

Allgemeine Verhaltensempfehlungen


Viele ARVC-Patienten stellen sich nach der Diagnosestellung Fragen, wie sie im Alltag mit einer ARVC-Erkrankung leben können, ohne die Krankheit weiter zu “triggern”. Leider gibt es zu diesem Thema fast keine Studien im Sinne einer “evidence based medicine”. Einige allgemeine Verhaltensempfehlungen fassen wir trotzdem auf unserer Webseite zusammen. Ihr behandelnder Arzt wird Sie sicherlich individuell beraten.

 

Was Sie vermeiden sollten:

unbedingt Wettkampf- und Leistungssport!
– starke körperliche Anstrengung
– risikoreiche Sportarten (s.a. ARVC und Sport)
– psychischen Stress (s.a. Psychischer Umgang mit der Erkrankung ARVC)
– hohe Herzfrequenzen und Herzrhythmusstörungen
– Alkohol: wirkt kardiotoxisch, hebt den Blutdruck und kann (häufig verzögert) Herzrasen und Rhythmusstörungen  auslösen; außerdem kann die Wirkung von Herzmedikamenten negativ beeinflusst werden
– Stimulanzien wie Kaffee und Energydrinks in hohen Mengen (steigern Blutdruck und Herzfrequenz)
– niedrige Kaliumspiegel im Blut
– Übergewicht (erhöht den Druck auf Herz und Lunge, negative Wirkung auf Herzkranzgefäße)
– Fieber über 38,5°C
– Medikamente, die Rhythmusstörungen auslösen können oder bei einer Herzschwäche ungeeignet sind, wie z.B. Pseudoephedrin (häufig in Erkältungspräparaten) → s.a. Hausapotheke
– bei Hitze s.a. Verhalten bei Hitze
– alles, was das Herz zusätzlich schädigt: Nikotin, Alkohol, Übergewicht, hohen Blutdruck, hohe Blutfette, Diabetes


Empfohlene Maßnahmen

Ernährung

– ausgewogene herzgesunde mediterrane Ernährung
– idealerweise Normalgewichtigkeit
– Abbau von Übergewicht durch moderate Bewegung und ausgewogene Ernährung
– ggf. eine kaliumreiche Ernährung (Obst: Trockenobst, Aprikosen, Bananen, Himbeeren, Honigmelone, Johannisbeeren, Kiwi / Gemüse: alle Kohlsorten, Hülsenfrüchte, Karotten, Kohlrabi, Kohlrüben, Kürbis, Löwenzahn, Mais, Rettich, Schwarzwurzeln, Sellerie, rote Paprika, Tomaten, Fenchel / Nüsse: Haselnüsse, Cashewnüsse, Erdnüsse, Mandeln / Getreide: Dinkel, Roggen, Buchweizen)
ggf. Einnahme von Kalium und Magnesium zur Prophylaxe von Rhythmusstörungen (s. dazu auch unsere Rubrik im medizinischen Teil > Magnesium und Kalium); diese wird nicht von allen Ärzten angeraten, von manchen jedoch durchaus empfohlen, auch wenn es dazu keine Studien gibt, die eine positive Wirkung zeigen
– anzustreben ist ein Kaliumspiegel im Blut von ca. 4,5 – 5,0 mmol/l im oberen Normbereich – der Kaliumwert sollte nicht unter 4,0 mmol/l sein, auch wenn er noch im Normbereich liegt
– der Flüssigkeitshaushalt sollte ausgewogen sein
– bei hohem Blutdruck wird eine salzarme Kost empfohlen (bei niedrigem Blutdruck führt sie eher zu Unwohlsein und Schwindel
– bei einer bereits bestehenden Herzinsuffizienz ist eine salzarme Kost umstritten
– Fasten kann zu einer Störung im Elektrolythaushalt führen und ist wegen eines möglichen Kaliummangels gefährlich

Lesen Sie dazu auch den Artikel im Deutschen Ärzteblatt vom 03.01.2022 mit dem Thema “Essen für ein gesundes Herz: 10 Ernährungstipps von US-Kardiologen”.

Gesundheitsmanagement

Zuckerstoffwechsel
– gute Einstellung eines Diabetes

Fettstoffwechsel
– ggf. medikamentöse Senkung des Cholesterinspiegels

Schilddrüse
– Überprüfung der Schilddrüsenwerte
– ggf. medikamentöse Einstellung der Schilddrüse
– Über- und Unterfunktion sind zu vermeiden wegen des Einflusses auf die Herzfrequenz

Ärztliche Kontrollen
– Patienten mit Symptomen mindestens einmal jährlich
– Patienten mit schwerwiegenden Symptomen individuell
– Defibrillatorpatienten meist alle sechs Monate
– Mutationsträger ohne Symptome alle 1 – 2 Jahre

Erkrankungen mit Fieber
– Senkung des Fiebers z.B. mittels Paracetamol (nicht: Ibuprofen) auf weniger als 38°C
– wenn Paracetamol nicht hilft, ggf. Novalgin probieren
– achten Sie bei Fieber auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr
– ggf. kann eine zusätzliche Kalium-/Magnesiumgabe sinnvoll sein in Absprache mit Arzt/Ärztin
– ggf. rasche Behandlung von Infektionen mit Antibiotika wegen höherer Neigung zu Herzmuskelentzündungen
– unbedingt Sportpause einlegen: bei einem gewöhnlichen grippalen Infekt (Erkältungskrankheit mit leichtem Fieber) ca. 7-14 Tag, bei einer echten Grippe (Influenza) mindestens 14 Tage. Auf alle Fälle sollte man 2-3 Tage symptomfrei sein, bevor man wieder mit leichtem Sport beginnt.

Durchfallerkrankungen
– achten Sie bei Durchfall auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr
– ggf. kann eine zusätzliche Kalium-/Magnesiumgabe sinnvoll sein in Absprache mit Arzt/Ärztin

Empfohlene Impfungen
– jährlich im Herbst: Grippeimpfung! Diese wird bei allen Herzkranken unabhängig vom Lebensalter empfohlen, auch bei jungen Menschen!
– Pneumokokkenimpfung alle 6 Jahre
– Covid-19-Impfung

Psyche / Stress
– Stressmanagement (Entspannungstechniken wie Meditation, autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Atemübungen, Qi Gong, Yin Yoga u.a.) kann die Anzahl von Extrasystolen reduzieren
– psychisch und körperlich stressige Situationen vorausblickend vermeiden (z.B. rechtzeitig zum Bahnhof, die S-Bahn im Zweifelsfall lieber fahren lassen als einen anstrengenden Spurt hinzulegen)
– Betablocker und Sotalol können vor den Stresshormonen schützen, einen zu hohen Anstieg der Herzfrequenz vermeiden und die Anzahl von Extrasystolen reduzieren

Verhalten bei Herzrhythmusstörungen oder Herzrasen
– Hinsetzen bzw. Hinlegen für den Fall einer drohenden Bewusstlosigkeit
– ggf. Begleiter/Umstehende vorwarnen

Verhalten bei kleinen Eingriffen wie einer Zahnextraktion
Für Patienten mit einer ARVC, die bislang keine Endokarditis durchgemacht haben bzw. keine künstliches Klappen-/Aortenimplantat haben, ist eine Antibiotikaprophylaxe vor kleinen Eingriffen nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie nicht notwendig.


Vorträge

Wir verweisen an dieser Stelle auch auf die Vortragsfolien des Vortrags “Leben mit ARVC”, der von Dr. Britt-Maria Beckmann (Klinikum der LMU München, Spezialambulanz für Herzgenetik, familiäre Arrhythmiesyndrome und plötzlichen Herztod) im Rahmen eines Selbsthilfegruppentreffens am 30. Januar 2015 gehalten wurde.
> Vortragsfolien (PDF)

Ebenso verweisen wir auf die Vortragsfolien des Kurzvortrags “Lifestyle und Sport”, der von Prof. Dr. Martin Halle/Dr. Bianca Spanier (TUM Klinikum rechts der Isar, Zentrum für Prävention und Sportmedizin) im Rahmen des Symposiums “ARVC-Selbsthilfe trifft Fachwissen” am 23. Februar 2019 gehalten wurde.
> Vortragsfolien (PDF)


Frequently asked questions (FAQ) – Häufig gestellte Fragen zum Verhalten

Mögliche Symptome

– Müdigkeit
– Schwindel (v.a. im Stehen)
– kurze Bewusstlosigkeit (Synkope)
– Blutdruckabfall
– Kreislaufkollaps
– verstärkte Herzrhythmusstörungen, Herzrasen
– schmerzhafte Muskelkrämpfe
– Wassereinlagerungen (Ödeme) in Unterschenkeln und Knöcheln
– Hautausschlag durch Schwitzen

Risiko

– Hitze-Erschöpfung: Schwäche, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schwindel, niedriger Blutdruck, Körpertemperatur normal oder <40ºC
– Hitzschlag: Körpertemperatur >40ºC, gestörtes Bewusstsein, eventuell Krämpfe, Erbrechen, Durchfall, niedriger Blutdruck
– Nierenerkrankungen
– Thrombosen
– Herzinfarkt
– gefährliche Herzrhythmusstörungen

Maßnahmen

Wettervorhersage beachten, um auf Hitze vorbereitet zu sein (Hitze- und UV-Warnungen des Deutschen Wetterdiensts DWD)
ausreichend trinken, mindestens 1-2 Liter täglich, nicht zu kalt (idealerweise kein reines Wasser / Leitungswasser, sondern elektrolythaltiges Mineralwasser, Fruchtsaftschorlen, Sportdrinks ohne Koffein, isotonische Getränke, Kräutertees); das gilt besonders für ältere Menschen, da sie weniger Durst empfinden
Verzicht auf Alkohol und koffeinhaltige Getränke (Kreislaufbelastung)
leichte mediterrane Kost mit viel Gemüse und Obst (fettreduziert bis fettarm)
– bei salzarmer Kost wegen Bluthochdruck ggf. Salzkonsum etwas steigern (normale Empfehlung der WHO < 5g Kochsalz tgl. = ca. 1 TL Salz)
– direkte Sonneneinstrahlung vermeiden
– falls dies nicht vermeidbar ist: Sonnencreme, Kopfbedeckung, Spezialkleidung, Sonnenbrille
– luftige, leichte Kleidung (dann kann der Körper mehr Wärme abgeben)
– leichte Nacht- und Bettwäsche
langsam aufstehen (damit kein abruptes Absacken des Bluts erfolgt)
– körperliche Schonung
Sportverzicht oder Sport nur in den kühlen Morgen- oder Abendstunden (auf keinen Fall mittags/nachmittags)
– gezielte Entspannungsübungen (z.B. Meditation, Yoga, Qi Gong, autogenes Training, Atemübungen, je nachdem, was einem liegt)
– zwischendrin mal hinlegen und entspannen, wenn zeitlich möglich
Haut abkühlen (kühle bis lauwarme Duschen/Bäder/Fußbäder, feuchte Tücher auf Gesicht, Nacken oder Armen)
– Aufenthalt an einem kühlen Ort, wenn möglich (abgedunkeltes Zimmer, überdachter Balkon)
im Zimmer: lockere Kleidung, abgedunkelte Fenster; elektrische Geräte, die Wärme abstrahlen und die Sie nicht nutzen, ausschalten; regelmäßig Lüften
im Büro: wenn möglich, nutzen Sie Gleitzeit oder flexible Arbeitszeiten
– Vorsicht beim Schwimmen: auf keinen Fall direkt ins Wasser springen (starke Kreislaufbelastung)! Nach und nach mit kaltem Wasser abreiben und dann erst ganz eintauchen
– Messen der Körpertemperatur (sollte < 37,5°C sein)
– Meiden von übermäßigem Schwitzen wegen Elektrolytverlust
Kaliumspiegel bestimmen lassen (v.a. bei Personen, die zum Schwitzen neigen), Kaliumspiegel soll im hochnormalen Bereich liegen (4,4 – 4,8 mmol/l)
– bei niedrigerem Kaliumspiegel Kalium (und Magnesium, v.a. bei Muskelkrämpfen) zusätzlich einnehmen bzw. kaliumreich essen (s.o.)
Medikamente an einem Ort < 25°C lagern (nicht in der Sonne!), evtl. in einer Isoliertasche, notfalls vorübergehend im Kühlschrank
Dosisanpassung der Medikamente in Absprache mit dem behandelnden Arzt, um hitze-bedingte Überdosierung und deren Folgen zu vermeiden und die Beschwerden zu lindern (mögliche Folgen: Beeinträchtigung der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, Vorsicht im Straßenverkehr!); Vorsicht vor allem z.B. bei Diuretika (Entwässerungstabletten) und Schilddrüsenhormonen; Wichtig: Medikamente nie eigenmächtig absetzen oder reduzieren!)
Sonderfall Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und Einnahme von Diuretika: Trinkmenge kontrollieren durch regelmäßiges Wiegen (morgens vor dem Frühstück, nach dem ersten Toilettengang, abends); bei Gewichtszunahme von über 500 g ist die Trinkmenge zu hoch; bei Gewichtsabnahme trotz ausreichender Flüssigkeitszufuhr ggf. Dosisreduktion der Diuretika nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt (Medikamente nie eigenmächtig absetzen oder reduzieren!)
– wenn Sie die Hitze schlecht vertragen: holen Sie sich Hilfe, lassen Sie für sich einkaufen, vermeiden Sie den Gang nach draußen in die Hitze

Beachten Sie:

– bei Diuretika: Vorsicht vor Entwässerung, Elektrolytungleichgewicht
– bei Betablockern: Vorsicht vor sinkender Herzleistung wegen erhöhtem Herzzeitvolumen
– bei ACE-Hemmer und Sartanen: Vorsicht vor verringertem Durstgefühl, Elektrolytimbalance
– bei Calciumantagonisten: Vorsicht vor erniedrigtem Blutdruck
– Dosisreduzierung bei systolischem Blutdruck (oberer Wert) unter 110
Vorsicht: nur in Absprache mit dem Arzt und mit regelmäßigen Blutdruckkontrollen
Rückkehr zur gewohnten Dosis, wenn Hitzeperiode vorbei

Warnsymptome

– Bewusstlosigkeit
– Krämpfe
– gestörte Bewegungsabläufe
– trockene, heiße Haut
– Herzrhythmusstörungen, Herzrasen

Wenn Warnsymptome auftreten:

– Schatten aufsuchen
– Hinsetzen oder Hinlegen
– Kleidung öffnen
– Hautoberfläche kühlen (kalter Waschlappen, Wasser auf Haut sprühen, Kühlpacks o.ä.)
– Puls kontrollieren
– wenn Herzfrequenz nicht runtergeht / Beschwerden trotz Ruhe nicht aufhören: Arzt / Krankenhaus aufsuchen, ggf. Notarzt /112) rufen
– bei Ohnmacht sofort den Notarzt holen
– bei Krankenhauseinweisung auf bekanntem Krankenhaus bestehen und dieses vorab informieren

Das hilft unseren Mitgliedern:
– tief durchatmen
– genug essen und trinken
– ein Glas kaltes Wasser trinken
– Dehnübungen
– Massage, manuelle Therapie, Osteopathie
– Stressabbau durch Entspannungstechniken wie Meditation, autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Atemübungen, Qi Gong, Yin Yoga u.a. (was man für sich am hilfreichsten findet)

Ja, auf Dauer ist psychischer Stress schlecht fürs Herz. Psychisch und körperlich stressige Situationen sollten deshalb vorausblickend vermieden werden (z.B. rechtzeitig zum Bahnhof, die S-Bahn im Zweifelsfall lieber fahren lassen als einen anstrengenden Spurt hinzulegen).
Betablocker und Sotalol können vor der Ausschüttung von Stresshormonen schützen und einen zu hohen Anstieg der Herzfrequenz vermeiden.

Für Patienten mit einer ARVC, die bislang keine Endokarditis durchgemacht haben bzw. kein künstliches Klappen-/Aortenimplantat haben, ist eine Antibiotikaprophylaxe nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie nicht notwendig.

 

Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten:
Wenn man gewohnt ist, in die Sauna zu gehen und dabei nie Herzprobleme hatte, kann man (bitte nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt und je nach Schwere des Krankheitsverlaufs) einen Saunabesuch wagen. Allerdings besteht in der Sauna das Risiko, dass es durch starkes Schwitzen zum Flüssigkeitsverlust im Körper und dadurch zu Verschiebungen im Elektrolythaushalt kommt. Der resultierende Kaliummangel kann dann zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen, evtl. auch erst mit Verzögerung. Deshalb sollte man unbedingt darauf achten, dass die Temperaturen nicht zu hoch sind (niedrigste Stufe) und dass man nicht zu sehr ins Schwitzen gerät. Auch das kalte Abschrecken nach dem Saunagang sollte man als ARVC-Patient vermeiden.
Merkt man Herzsymptome in der Sauna, sollte man den Saunagang sofort abbrechen.
Personen, die nicht an die Sauna gewöhnt sind, sollten nicht neu damit anfangen.

Zuletzt revidiert: 11.05.2023